Ein Spin-Off der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
27. Jahrgang (2024) - Ausgabe 4 (April) - ISSN 1619-2389
 

Greenpeace-Kommunikation -
Aufdecken, konfrontieren, politisch unter Druck setzen

von Fouad Hamdan

Greenpeace: Aktionen, Botschaften, Orientierung

Spektakuläre Aktionen haben Greenpeace weltweit bekannt gemacht. Seit 1971 setzt sich die internationale Umweltorganisation für den Schutz der Lebensgrundlagen ein. Gewaltfreiheit ist dabei das oberste Prinzip. Die Organisation ist politisch und wirtschaftlich unabhängig von Regierungen, politischen Parteien und wirtschaftlichen Interessengruppen. Greenpeace arbeitet global, denn Umweltzerstörung kennt keine Grenzen.

Die direkte Konfrontation mit Umweltsündern dient dazu, auf Missstände aufmerksam zu machen und Skandale aufzudecken. Greenpeace-Aktivisten setzen sich persönlich für ihr Anliegen ein. Dadurch erzeugen sie öffentlichen Druck auf Verantwortliche in Politik und Industrie. Doch Greenpeace agiert nicht nur im Schlauchboot. Auch die Lobbyarbeit hinter den Kulissen trägt entscheidend zum Erfolg von Kampagnen bei. In langwierigen und zähen Verhandlungen versuchen Greenpeace-Experten, parallel zu Protestaktionen, Konzernbosse sowie die politischen Entscheidungen von Regierungen oder Behörden zu beeinflussen.

Greenpeace hat schon viel erreicht: Ende der 80er Jahre wurde die Dünnsäureverklappung in der Nordsee gestoppt. Seit 1994 bewahrt ein Walschutzgebiet um die Antarktis 90 Prozent der Großwale vor dem Abschuss. 1995 verhinderte Greenpeace die Versenkung der ausgedienten Shell-Plattform "Brent Spar" und dadurch das Versenken von etwa 400 anderen Ölanlagen in der Nordsee. 1996 wurde in New York ein weltweites Atomteststoppabkommen unterzeichnet - 25 Jahre nach dem Beginn der ersten Greenpeace-Aktion gegen Atomtests.

1998 traten der internationale Antarktis-Schutzvertrag und das Verbot von Giftmülltransporten in Dritte-Welt-Länder in Kraft. Und 1999 führte eine Greenpeace-Kampagne dazu, dass gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel aus den Supermarktregalen verschwanden. Seit Februar 2000 deckt Greenpeace regelmäßig auf, dass das Europäische Patentamt in München illegal Patente auf Gene von Pflanzen, Tieren und Menschen erteilt.

Umweltschutz ist kein Luxus für Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs, im Gegenteil: Ein ökologischer Umbau der Industriegesellschaft schafft neue Jobs. Greenpeace zeigte mit der Entwicklung von Alternativen, wie die Zukunft aussehen könnte. "Greenfreeze", der erste von Greenpeace gebaute FCKW- und FKW-freie Kühlschrank der Welt, hat 1993 den deutschen Markt umgekrempelt. Peinlich für die Kühlgerätehersteller wie Bosch und Electrolux, weil sie zuvor die umweltfreundlichen Kühlsysteme für unmöglich erklärten. Inzwischen wird der klima- und ozonschichtfreundliche "Greenfreeze" sogar in China gebaut. Auch den blauen Umweltengel und einen TÜV-Stempel hat "Greenfreeze" bekommen.

Vielleicht erinnern Sie sich: Die Geschäftsführung des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" weigerte sich lange, auf chlorfreiem Papier zu drucken, bis Greenpeace 1991 eine selbst gemachte "Spiegel"-Ausgabe ("Das Plagiat") auf diesem Papier präsentierte. Es war die welterste Tiefdruckzeitschrift auf chlorfreiem Papier. Mittlerweile sind diese umweltfreundlichen Papiere bei großer Auflage für die Verlage eine Selbstverständlichkeit.

Greenpeace hat 1994 Medienkonzerne wie Bauer, Burda, Gruner + Jahr und Spiegel kritisiert, weil sie Papier von Firmen kauften, die Urwälder in Kanada zerstören. Dabei hat Greenpeace in Kauf genommen, dass über Kampagnen fortan kaum noch berichtet würde. Das Gegenteil geschah: Verlagshäuser und Papierhersteller in Deutschland üben bis heute gemeinsam Druck auf die kanadischen Holzfirmen aus.

1996 trat Greenpeace mit dem Sparauto SmILE (Small, Intelligent, Light and Efficient) den Beweis an, dass Serienautos mit halbiertem Benzinverbrauch realisierbar sind. Die Autoindustrie tat sich lange damit schwer, dass die Verbrauchswerte des SmILE - ein radikal umgebauter Renault Twingo - jahrelang weit unter denen ihrer eigenen angeblich sparsamen und hochmodernen Modelle lagen. Die Autobauer gerieten in Zugzwang. Erfreulicher Effekt: VW produzierte 1999 das weltweit erste serienmäßige 3-Liter-Auto.

Greenpeace bietet kritischen Konsumenten seit einiger Zeit Gelegenheit, selbst Druck auf Konzerne auszuüben und eine ökologische Trendwende herbeizuführen. Konsumenten werden zu Umweltaktivisten, wenn sie mit der Macht ihres Portemonnaies Konzerne zwingen, keine genmanipulierten Produkte oder keinen Atomstrom mehr anzubieten.

Mit dieser Idee im Kopf wurde Ende 1999 "Greenpeace energy e.G." gegründet. Seit Januar 2000 können Verbraucher bundesweit umweltfreundlichen Strom von der Einkaufs-Genossenschaft beziehen. "Greenpeace energy" soll dazu beitragen, dass sich in Deutschland eine Energieversorgung ohne Atomkraft und Kohle durchsetzt. "Greenpeace energy" liefert Strom, der garantiert nicht aus Atom- und Kohlekraftwerken stammt, sondern zur Hälfte in regenerativen Anlagen (Wind, Sonne, Wasser und Biomasse) und zur Hälfte in hocheffizienten, gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erzeugt wurde. Eventuelle Gewinne der Genossenschaft sollen in den Bau neuer Stromanlagen investiert oder an die Mitglieder ausgezahlt werden.

Greenpeace will das Produkt "sauberen Strom" im Markt etablieren, wie dies mit dem "Greenfreeze" gelungen ist. Bereits im Sommer 1998 startete Greenpeace die "Aktion Stromwechsel". 60.000 Haushalte erklärten sich bereit, auf umweltfreundlichen Strom umzusteigen. Jetzt können die Stromwechsler und alle, die es noch werden wollen, persönlich aus der Atomenergie aussteigen. Parallel können Verbraucher auch beim "Greenpeace EinkaufsNetz" mitmachen und gegen Gentechnik in Lebensmitteln aktiv werden - etwa 30.000 Menschen sind bereits dabei.

Greenpeace bietet Verbrauchern Orientierung und ermutigt sie zum Handeln. Nur wer aktiv wird und sich einmischt, kann etwas verändern. Bei der Greenpeace-Kampagne gegen die Versenkung der Shell-Ölplattform "Brent Spar" haben 1995 die Verbraucher von allein Druck auf Shell gemacht - mit Erfolg.

Greenpeace von innen

Greenpeace International, mit Sitz in Amsterdam, ist der Zusammenschluss von 24 nationalen und regionalen Greenpeace-Büros. Greenpeace Deutschland existiert als eingetragener Verein seit 1980. Sitz der Zentrale ist Hamburg. Die rund 130 Greenpeace-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hamburg arbeiten eng mit etwa 2.000 ehrenamtlichen Aktivisten der 80 lokalen Greenpeace-Gruppen in Deutschland zusammen.

Alle Greenpeace Büros - auch die der ehrenamtlichen Gruppen - sind miteinander elektronisch vernetzt, um schnell gemeinsam zu reagieren - mit friedlichen Aktionen und Presseerklärungen zum selben Thema. Die folgende Liste soll einen Einblick in die von Greenpeace bearbeiteten Themen geben. Damit befassen sich auch Greenpeace-Büros in anderen Ländern, wenn auch mit unterschiedlichen Kapazitäten und Schwerpunkten.

  • Meere: Meeressäuger, Fischerei, Dauergifte, Chemieunfälle, Giftmüllexporte
  • Wälder: Urwälder (Amazonien, Russland, Finnland, Argentinien, Chile und British Columbia in Kanada), Holzzertifizierung
  • Chemie: Dauergifte, Pestizide in Lebensmitteln
  • Gentechnik: Gentechnik in Lebensmitteln, Freisetzung von Gentech-Organismen, Patentierung von Leben
  • Energiepolitik: Atommülltransporte, "Wiederaufarbeitung" von Atommüll, Reaktorsicherheit, Förderung regenerativer Energien, Ölförderung und -unfälle (Tanker und Pipelines), Klimawandel
  • Weitere Themen: Ökologische Steuerreform, Globalisierung, Umweltschutz und Welthandel (WTO), nachhaltiges Wirtschaften

Die politische Kommunikation

Das Planen einer Greenpeace-Kampagne bedeutet das Planen einer öffentlichen Konfrontation. Dieser Slogan ist ein Leitsatz der Greenpeace-Strategie. Er beinhaltet jene unverkennbare Verbindung von Öffentlichkeit und Konfrontation, in der das Erfolgsrezept von Greenpeace besteht: Greenpeace bringt ein Thema in die Öffentlichkeit mit dem Ziel, Umweltsünder zur Stellungnahme und schließlich zur Verhaltensänderung zu bewegen und darüber hinaus einen grundlegenden Wandel in Richtung auf ökologisch verantwortliches Wirtschaften zu fördern.

Die spektakulären Aktionen sorgen für den öffentlichen Druck. Greenpeace bringt die Umweltanliegen via "Konfrontation", das heißt vorwiegend in Form von gewaltfreien Aktionen, auf die Tagesordnung - in dem Wissen, dass gute Argumente allein relativ wirkungslos gegen Machthaber sind und dass Informationen an Wahrnehmungsschranken abprallen. Diese Form der öffentlichen Konfrontation ist das Mittel, den Medien Berichterstattungsanlässe anzubieten und ein Anliegen so im öffentlichen Raum zu platzieren, dass gesellschaftliche Diskussionen entstehen können.

Greenpeace-Aktionen sind eine Form von zivilem Ungehorsam. Die Aktionen sind deshalb seit 1971 das Herzstück der Greenpeace-Strategie. Daran wird sich nichts ändern. Das Schlauchboot hat also noch lange nicht ausgedient.

Die Kommunikation von Greenpeace-Kampagnen ist keine Werbung oder PR im klassischen Sinne. Greenpeace ist eine politische "Pressure Group" und eben keine Werbeagentur, die im Auftrag von Firmen Produkte vermarktet. Greenpeace-Kampagnen befassen sich häufig mit langwierigen Umweltproblemen, deren Lösung mühevoll und auf jahrelange Arbeit angelegt ist.

Greenpeace verbreitet Nachrichten über Aktionen indirekt über Zeitungen, Radioberichte und TV-Sender oder direkt über Greenpeace-Medien wie unsere Homepage oder die "Greenpeace Nachrichten". "Öffentlichkeit herstellen" ist ein unverzichtbares Mittel zum umweltpolitischen Erfolg. Es ist eine Methode, Argumente so zu vertreten, dass sie nicht mehr ignoriert werden können, und Informationen so zu präsentieren, dass sie wahrgenommen werden.

Zugleich hat der Begriff "Öffentlichkeit herstellen" für Greenpeace auch eine grundsätzliche Bedeutung. "Bearing witness" (Zeugnis ablegen) war ein starker Antrieb, als Greenpeace 1971 in Vancouver, Kanada, gegründet wurde und gegen US-Atomtests nahe der Arktis protestierte. Die Greenpeace-Kommunikation ist eine Verlängerung des "Bearing witness" mit den Mitteln moderner Medientechnik. Die Anwendung der Technik zielt darauf ab, den Kreis derjenigen immens zu erweitern, die an einer Konfrontation Anteil nehmen können. Die Greenpeace-Kamera zeigt, was Piratenfischer, Walfänger und Umweltverschmutzer auf hoher See heimlich tun.

Eine wichtige Grundlage erfolgreicher Kommunikation ist die Glaubwürdigkeit. Greenpeace fälscht, verschleiert oder beschönigt nichts. Jede Information ist sorgfältig recherchiert und gegenrecherchiert. Wenn ein Fehler geschieht, wie bei der Abschätzung der Ölmenge auf der Shell-Plattform "Brent Spar" 1995, geben wir diesen Fehler zu und ziehen Lehren daraus. Seitdem wurden die Recherchen verstärkt, es sind mehr Doppelkontrollen beim Informationsfluss und in der alltäglichen Arbeit vorgesehen als früher.

Bevor Greenpeace entscheidet, sich eines Umweltthemas anzunehmen, werden umfangreiche Recherchen durchgeführt. Wir beleuchten das Problem von allen Seiten, tragen - oft über Jahre - das nötige Fachwissen zusammen und finden Lösungen. Solche Hintergrundinformationen werden im Laufe einer Kampagne auch Journalisten angeboten. Es ist allerdings in den letzten Jahren nicht leichter geworden, über Umweltprobleme zu informieren. Die Medienlandschaft hat sich stark verändert. Die Informationsmenge nimmt zu, die Informationstiefe aber ab. Hinzu kommt eine Atomisierung der Medienlandschaft.

Die Folgen: Fundierte Umweltsendungen, Umweltseiten und Umweltredakteure sind zum Teil in den Hintergrund getreten. Die wirtschaftlichen Probleme sind in der politischen Aktualität nach vorn gerückt, und die Unterhaltung nimmt in den Medien - vor allem im Fernsehen - einen immer breiteren Raum ein.

"Infotainment" ist in, und Greenpeace bekommt regelmäßig Angebote, unsere "Helden" in den Schlauchbooten stärker in den Vordergrund zu stellen. Die Greenpeace-Kommunikation stellt dagegen lieber die Organisation, ihre Aktionsteams und Experten sowie die umweltpolitischen Inhalte in den Vordergrund. Wir wollen keine Medienstars produzieren.

Rot-Grün an der Regierung in Berlin "konkurriert" mit Umweltverbänden um Spalten in den Zeitungen sowie Sendezeit in den TV- und Radio-Nachrichten. Hinzu kommt, dass ein negatives Image von Rot-Grün allen Umweltverbänden schadet. Greenpeace steht parteilich für den Umweltschutz - aber unabhängig von Parteien, gleich wie sie heißen. Die Notwendigkeit, durch öffentlichen Druck auf eine Politik im Interesse des Umwelt- und Gesundheitsschutzes zu drängen, ist auch mit der rot-grünen Regierung nicht geringer geworden.

Umweltpolitiker aller Parteien im deutschen Bundestag werden uns zumindest in einem zustimmen: Ohne eine starke Lobby außerhalb der Parlamente, ohne Greenpeace und andere Umweltverbände sowie aufgeklärte Verbraucher wird der Umweltschutz schnell pragmatischer Politik zum Opfer fallen, gleich welche Farben die Regierung in Berlin hat.

Die Konsequenz aus dem Grundsatz der Überparteilichkeit ist, dass Greenpeace bei der rot-grünen Bundesregierung - wie bei anderen Koalitionen vorher - zuerst interessiert, welche Ziele sie sich für die Erhaltung und den Schutz der Umwelt setzt. Deshalb misst Greenpeace die Parteien nur an ihren umweltpolitischen Taten - egal ob Rot, Grün oder Schwarz.

Die Erfolgs-Kriterien der Greenpeace-Kommunikation

1. Greenpeace deckt einen Skandal auf und die Medien
    berichten darüber.

2. Eine öffentliche Debatte ist ausgelöst.

3. Gesellschaftliche Gruppen unterstützen Greenpeace öffentlich.

4. Der Gegner gerät unter Druck und gibt nach.

5. Die Menschen nehmen Greenpeace als eine durchsetzungs-
    fähige, internationale Umweltschutzorganisation wahr.

Kommunikation in der Praxis

Zur Medien- und Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace Deutschland gehören eine Pressestelle mit mehreren Pressesprechern, eine TV-Redaktion, eine Foto-Redaktion, Redaktion und Produktion von Print-Publikationen, Ausstellungskoordination, Recherche-Abteilung und Internet-Redaktion.

Andere Formen der Kommunikation sind die Spendenwerbung in "Aktionsbriefen" und die Information der über 530.000 Fördermitglieder über die "Greenpeace Nachrichten", die viermal im Jahr verschickt werden und den Charakter einer Zeitung haben.

Die Pressestelle entwickelt mit den Themenbereichen und der Aktionsabteilung die Kommunikationsstrategien von Kampagnen. Dabei müssen komplizierte Themen wie z.B. Gentechnik und Atomenergie emotional und vereinfacht in die breite Öffentlichkeit transportiert werden. Botschaft und Statements sind immer wissenschaftlich untermauert. Denn Greenpeace kann nur eins verlieren: die Glaubwürdigkeit.

Das Handwerkszeug der Greenpeace-Pressesprecher umfasst das klassische Spektrum: z.B. Informationen sammeln, Kommunikations-Strategie entwickeln, Kontakt zu Journalisten halten, Texte schreiben, Bildmaterial vermitteln, Pressekonferenzen organisieren.

Die Pressesprecher sind immer auf der Suche nach Nachrichten mit Neuigkeitswert. Presseerklärungen zu Aktionen mit hohem Nachrichtenwert haben gute Chancen, in den Medien verbreitet zu werden. Das bedeutet in der Praxis eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Pressesprechern und den Greenpeace-Fachleuten aus den Themenbereichen Energie, Gentechnik/Chemie, Wälder und Meere.

Vor wichtigen Konferenzen wie etwa Meeresschutzkonferenzen, Artenschutzabkommen oder Klimagipfeln stellen wir Pressemappen mit Hintergrundinformationen und Bildmaterial zusammen. Wir stellen Kontakt zwischen Journalisten und Greenpeace-Fachleuten bei den Konferenzen her. Außerdem helfen wir Journalisten, die sich mit eigenen Themen und Fragen an uns wenden, mit Fachleuten und Informationen.

Über die aktuelle Pressearbeit hinaus werden bei Greenpeace zahlreiche Printmedien erstellt: Kampagnenbroschüren, Hintergrundinformationen, Plakate und Aufkleber, Kalender und Ausstellungen, Jahresrückblicke, Sachbücher und Informationsmaterial für Schulen. Das meiste ist auch online über das Internet oder auf CD-Rom zu erhalten.

Mit Ausstellungen wird vor allem die Arbeit der Greenpeace-Gruppen in über 80 Städten der Bundesrepublik unterstützt. Sie können diese Ausstellungen zu den verschiedenen Themen wie etwa Walfang, Ölverschmutzung oder Fischerei anfordern und damit ihre Vorträge oder Info-Stände ergänzen. Zu manchen Themen werden auch rollende Info-Container zusammengestellt, die dann durch ganz Deutschland unterwegs sind - so etwa zum Thema Gentechnik oder Urwald.

Beispiele für Öffentlichkeitsarbeit:
Verantwortliche beim Namen nennen

"Alle reden vom Klima. Wir ruinieren es." Mit dieser Plakatkampagne 1990 gegen Hoechst und Kali Chemie, das heißt die Hauptverantwortlichen Wolfgang Hilger und Cyril van Lierde, hat Greenpeace neun Jahre später einen juristischen Sieg errungen. Wir bekamen eindeutig das Recht zugesprochen, Konzernbosse für die Sünden ihrer Firmen verantwortlich zu machen - zumindest moralisch.

Juristisch gestärkt hat Greenpeace im September 1999 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt ein neues Großplakat präsentiert. Darauf waren VW-Vorstand Piech und DaimlerChrysler-Chef Schrempp zu sehen, nur bekleidet mit den Feigenblättern "Lupo" und "Smart". Auf dem Plakat stand: "Wir wollen mehr sehen, Herr Piech und Herr Schremp! Vorzeige-Autos helfen unserem Klima nicht." Greenpeace prangerte an, dass die Autokonzerne nach wie vor nicht erklären, wie sie den Verbrauch ihrer Fahrzeugflotten und damit den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2) senken wollen.

Ähnlich ging Greenpeace auch gegen Ingo Kober, den früheren Präsidenten des Europäischen Patentamtes in München vor, dessen Behörde mit Patenten auf Leben nicht nur moralische Tabus brach, sondern auch nationales und europäisches Recht. Greenpeace wird auch in Zukunft Entscheidungsträger für Umweltschäden verantwortlich machen, um eine öffentliche Debatte zu provozieren und die Verantwortlichen unter Druck zu setzen.

Die Greenpeace-Bilder:
Das wichtigste Kommunikationsmedium
von Greenpeace sind emotionale Bilder

Bilder, die Aufmerksamkeit erregen und Wut erzeugen, sind die zentrale Voraussetzung für TV- und Foto-Berichte. Greenpeace setzt deshalb die modernsten Kommunikationsmittel ein, um schnell Film- und Fotomaterial von Greenpeace-Aktionen weltweit zu verbreiten. Bilder sagen mehr als tausend Worte und können ein Thema oft besser darstellen als nüchterne Texte.

Eine besondere Herausforderung für unsere Foto- und TV-Redaktion ist es, auch solche Umweltthemen zu visualisieren, die wenig fotogen bzw. telegen sind. Zum Beispiel Gentechnik: Um die Ablehnung der Gentechnik in Lebensmitteln zu illustrieren, verkleideten sich 1996 Greenpeace-Aktivisten mit Kaninchenmasken und protestierten als "Versuchskaninchen" gegen die schleichende Einführung von gentechnisch manipulierter Soja. Dieses Foto wird heute noch in den Medien als Symbolfoto in der Hintergrundberichterstattung zum Thema Gen-Nahrung abgedruckt.

Zum Thema Patente auf Leben haben wir Ende 1999 ein Foto geschaffen, das seitdem diese komplexe Problematik emotional visualisiert. Menschen mit Schafsmasken und der Botschaft "Wir sind keine Dollys" - eine Anspielung auf das Klon-Schaf Dolly - protestierten vor dem Gebäude des Europäischen Patentamtes.

Greenpeace verfügt über ein umfangreiches Foto- und Videoarchiv, das neben der Dokumentation von Greenpeace-Aktionen auch Bildmaterial zu verschiedenen Umweltthemen anbietet - mit Schwerpunkt auf den Themen, bei denen Greenpeace aktiv ist. Bei Pressekonferenzen oder Aktionen sorgen wir dafür, dass die visuellen Medien ausreichend Bildmaterial bekommen können. Darüber hinaus produzieren wir eigene Filme oder Kino-Spots.

Im Internet bietet Greenpeace seit 1996 aktuelle Informationen und Archivtexte an. Diese Form der elektronischen Kommunikation wird immer häufiger genutzt, auch zur Recherche im umfangreichen Archiv oder für ein "Presseerklärungsabonnement" per E-Mail. Jeden Tag schauen sich Tausende die Greenpeace-Seiten im Internet an unter www.greenpeace.de. Außerdem können über das Internet Fotos, Filmmaterial und Ausstellungen bestellt oder ausgeliehen werden.

Kommunikation mit den Förderern

Greenpeace versorgt die Förderer der Organisation mit zahlreichen Informationsangeboten. Dazu gehören die bereits erwähnten "Greenpeace Nachrichten" sowie Informations- und Spendenbriefe, sogenannte Mailings. Oft sind den Mailings Protestpostkarten oder Unterschriftenlisten beigefügt, um Greenpeace-Kampagnen zu unterstützen.

Die über 530.000 Fördermitglieder von Greenpeace in Deutschland und andere Interessierte können darüber hinaus Informationsbroschüren zu allen Themen erhalten, bei denen Greenpeace aktiv ist. In der Brief- und Telefonzentrale sind Mitarbeiter damit betraut, alle Anfragen sachgerecht zu beantworten oder weiterzuleiten.

Als eigenständige Zeitschrift in der Greenpeace Media GmbH erscheint das "Greenpeace Magazin" sechsmal im Jahr. Es wird im Abonnement und am Kiosk verkauft und beschäftigt sich mit umweltpolitischen Themen auch über den Greenpeace-Aktionsradius hinaus. Die meisten Abonnenten sind Förderer.

Die Greenpeace-Kommunikation steht nicht im Widerspruch zum Versuch, viele Menschen zu Spenden zu bewegen, um die internationale Kampagnenarbeit finanzieren zu können.

Kommunikation mit der Zukunft

Es ist vor allem der Nachwuchs, dessen Elan Greenpeace Mut macht, hartnäckig für den Umweltschutz zu streiten. Kinder und Jugendliche haben die Nase voll von Umweltsauereien und wollen selber was dagegen tun.

Die Kinder- und Jugendarbeit begann 1990 mit der Gründung der "Greenteams", der Kindergruppen von Greenpeace. 1997 starteten die Jugendprojekte für Teens zwischen 15 und 18 Jahren. Die Jugendlichen engagierten sich multimedial gegen Genfood, im Internet auf eigener Homepage, auf Hip-Hop-Konzerten, bei Foto-Shootings oder in Jugendmedien.

Die Jüngeren, etwa 10.000 Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, beteiligen sich ebenfalls an Kampagnen. Sie haben sich etwa für ein schärferes Ozongesetz mit der Aktion "BISS" eingesetzt, mit einer Kinderbanner-Tour gegen den Kahlschlag im kanadischen Regenwald, für den Schutz der Wale bei "Kids for Whales" und für den Schutz der letzten Urwälder bei "Kids for Forests". Für sie gibt es Infomaterial, Handzettel mit Aktionsideen, eigene Kinder-Nachrichten und Kooperationen mit dem Kinderfernsehen, etwa dem Tigerenten-Club, wo sie mit Umweltminister Jürgen Trittin über den Walfang stritten.

Kinder unterschreiben weltweit mit ihrem Handabdruck für den Schutz der Wale und denken sich pfiffige "Wal-Sprüche" aus. Die Kinder werden - wie Greenpeace insgesamt - nicht lockerlassen, bis alle Ziele erreicht sind.

Autor

Fouad Hamdan
Greenpeace e.V.
Große Elbstrasse 39
D-22767 Hamburg
Telefon: +49 (0)40 30 618 - 346
Telefax: +49 (0)40 30 618 - 160
Internet: www.greenpeace.de
E-Mail: fouad.hamdan@greenpeace.de

Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
7. Jahrgang (2004), Ausgabe 10 (Oktober)


Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher
schriftlicher Genehmigung des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, Kiel.
© Krisennavigator 1998-2024. Alle Rechte vorbehalten. ISSN 1619-2389.
Internet:
www.krisennavigator.de | E-Mail: poststelle@ifk-kiel.de

Krisenthemen
Aktuell
Kurzmeldungen
Krisenmanagement
Restrukturierungsmanagement
Krisenkommunikation
Themenmanagement
Krisenpsychologie
Risikomanagement
Compliancemanagement
Sicherheitsmanagement
Katastrophenmanagement
Business Continuity Management
Krisenforschungsinstitut
Kurzprofil
Bereiche
Publikationen
Interviews
Vorträge
Stellungnahmen
Veranstaltungen
Zeitschriften
Stellenangebote
Ansprechpartner
Krisenberatung
Kurzprofil
Leistungsübersicht
Einzelleistungen
Kommunikationslösungen
Komplettsysteme
Basislösungen
BCM-Systeme
Referenzen
Ansprechpartner
Krisenakademie
Kurzprofil
Leistungsübersicht
Krisenübung & Medientraining
Krisengipfel & Fachtagungen
Seminare & Schulungen
Vorträge & Vorlesungen
Zertifikatslehrgänge
Ansprechpartner
Deutsch   /  English  Letzte Aktualisierung: Mittwoch, 24. April 2024
        Krisenkompetenz als langfristiger Erfolgsfaktor.

Krisennavigator

 

Greenpeace-Kommunikation -
Aufdecken, konfrontieren, politisch unter Druck setzen

von Fouad Hamdan

Greenpeace: Aktionen, Botschaften, Orientierung

Spektakuläre Aktionen haben Greenpeace weltweit bekannt gemacht. Seit 1971 setzt sich die internationale Umweltorganisation für den Schutz der Lebensgrundlagen ein. Gewaltfreiheit ist dabei das oberste Prinzip. Die Organisation ist politisch und wirtschaftlich unabhängig von Regierungen, politischen Parteien und wirtschaftlichen Interessengruppen. Greenpeace arbeitet global, denn Umweltzerstörung kennt keine Grenzen.

Die direkte Konfrontation mit Umweltsündern dient dazu, auf Missstände aufmerksam zu machen und Skandale aufzudecken. Greenpeace-Aktivisten setzen sich persönlich für ihr Anliegen ein. Dadurch erzeugen sie öffentlichen Druck auf Verantwortliche in Politik und Industrie. Doch Greenpeace agiert nicht nur im Schlauchboot. Auch die Lobbyarbeit hinter den Kulissen trägt entscheidend zum Erfolg von Kampagnen bei. In langwierigen und zähen Verhandlungen versuchen Greenpeace-Experten, parallel zu Protestaktionen, Konzernbosse sowie die politischen Entscheidungen von Regierungen oder Behörden zu beeinflussen.

Greenpeace hat schon viel erreicht: Ende der 80er Jahre wurde die Dünnsäureverklappung in der Nordsee gestoppt. Seit 1994 bewahrt ein Walschutzgebiet um die Antarktis 90 Prozent der Großwale vor dem Abschuss. 1995 verhinderte Greenpeace die Versenkung der ausgedienten Shell-Plattform "Brent Spar" und dadurch das Versenken von etwa 400 anderen Ölanlagen in der Nordsee. 1996 wurde in New York ein weltweites Atomteststoppabkommen unterzeichnet - 25 Jahre nach dem Beginn der ersten Greenpeace-Aktion gegen Atomtests.

1998 traten der internationale Antarktis-Schutzvertrag und das Verbot von Giftmülltransporten in Dritte-Welt-Länder in Kraft. Und 1999 führte eine Greenpeace-Kampagne dazu, dass gentechnisch manipulierte Nahrungsmittel aus den Supermarktregalen verschwanden. Seit Februar 2000 deckt Greenpeace regelmäßig auf, dass das Europäische Patentamt in München illegal Patente auf Gene von Pflanzen, Tieren und Menschen erteilt.

Umweltschutz ist kein Luxus für Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs, im Gegenteil: Ein ökologischer Umbau der Industriegesellschaft schafft neue Jobs. Greenpeace zeigte mit der Entwicklung von Alternativen, wie die Zukunft aussehen könnte. "Greenfreeze", der erste von Greenpeace gebaute FCKW- und FKW-freie Kühlschrank der Welt, hat 1993 den deutschen Markt umgekrempelt. Peinlich für die Kühlgerätehersteller wie Bosch und Electrolux, weil sie zuvor die umweltfreundlichen Kühlsysteme für unmöglich erklärten. Inzwischen wird der klima- und ozonschichtfreundliche "Greenfreeze" sogar in China gebaut. Auch den blauen Umweltengel und einen TÜV-Stempel hat "Greenfreeze" bekommen.

Vielleicht erinnern Sie sich: Die Geschäftsführung des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" weigerte sich lange, auf chlorfreiem Papier zu drucken, bis Greenpeace 1991 eine selbst gemachte "Spiegel"-Ausgabe ("Das Plagiat") auf diesem Papier präsentierte. Es war die welterste Tiefdruckzeitschrift auf chlorfreiem Papier. Mittlerweile sind diese umweltfreundlichen Papiere bei großer Auflage für die Verlage eine Selbstverständlichkeit.

Greenpeace hat 1994 Medienkonzerne wie Bauer, Burda, Gruner + Jahr und Spiegel kritisiert, weil sie Papier von Firmen kauften, die Urwälder in Kanada zerstören. Dabei hat Greenpeace in Kauf genommen, dass über Kampagnen fortan kaum noch berichtet würde. Das Gegenteil geschah: Verlagshäuser und Papierhersteller in Deutschland üben bis heute gemeinsam Druck auf die kanadischen Holzfirmen aus.

1996 trat Greenpeace mit dem Sparauto SmILE (Small, Intelligent, Light and Efficient) den Beweis an, dass Serienautos mit halbiertem Benzinverbrauch realisierbar sind. Die Autoindustrie tat sich lange damit schwer, dass die Verbrauchswerte des SmILE - ein radikal umgebauter Renault Twingo - jahrelang weit unter denen ihrer eigenen angeblich sparsamen und hochmodernen Modelle lagen. Die Autobauer gerieten in Zugzwang. Erfreulicher Effekt: VW produzierte 1999 das weltweit erste serienmäßige 3-Liter-Auto.

Greenpeace bietet kritischen Konsumenten seit einiger Zeit Gelegenheit, selbst Druck auf Konzerne auszuüben und eine ökologische Trendwende herbeizuführen. Konsumenten werden zu Umweltaktivisten, wenn sie mit der Macht ihres Portemonnaies Konzerne zwingen, keine genmanipulierten Produkte oder keinen Atomstrom mehr anzubieten.

Mit dieser Idee im Kopf wurde Ende 1999 "Greenpeace energy e.G." gegründet. Seit Januar 2000 können Verbraucher bundesweit umweltfreundlichen Strom von der Einkaufs-Genossenschaft beziehen. "Greenpeace energy" soll dazu beitragen, dass sich in Deutschland eine Energieversorgung ohne Atomkraft und Kohle durchsetzt. "Greenpeace energy" liefert Strom, der garantiert nicht aus Atom- und Kohlekraftwerken stammt, sondern zur Hälfte in regenerativen Anlagen (Wind, Sonne, Wasser und Biomasse) und zur Hälfte in hocheffizienten, gasbetriebenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen erzeugt wurde. Eventuelle Gewinne der Genossenschaft sollen in den Bau neuer Stromanlagen investiert oder an die Mitglieder ausgezahlt werden.

Greenpeace will das Produkt "sauberen Strom" im Markt etablieren, wie dies mit dem "Greenfreeze" gelungen ist. Bereits im Sommer 1998 startete Greenpeace die "Aktion Stromwechsel". 60.000 Haushalte erklärten sich bereit, auf umweltfreundlichen Strom umzusteigen. Jetzt können die Stromwechsler und alle, die es noch werden wollen, persönlich aus der Atomenergie aussteigen. Parallel können Verbraucher auch beim "Greenpeace EinkaufsNetz" mitmachen und gegen Gentechnik in Lebensmitteln aktiv werden - etwa 30.000 Menschen sind bereits dabei.

Greenpeace bietet Verbrauchern Orientierung und ermutigt sie zum Handeln. Nur wer aktiv wird und sich einmischt, kann etwas verändern. Bei der Greenpeace-Kampagne gegen die Versenkung der Shell-Ölplattform "Brent Spar" haben 1995 die Verbraucher von allein Druck auf Shell gemacht - mit Erfolg.

Greenpeace von innen

Greenpeace International, mit Sitz in Amsterdam, ist der Zusammenschluss von 24 nationalen und regionalen Greenpeace-Büros. Greenpeace Deutschland existiert als eingetragener Verein seit 1980. Sitz der Zentrale ist Hamburg. Die rund 130 Greenpeace-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hamburg arbeiten eng mit etwa 2.000 ehrenamtlichen Aktivisten der 80 lokalen Greenpeace-Gruppen in Deutschland zusammen.

Alle Greenpeace Büros - auch die der ehrenamtlichen Gruppen - sind miteinander elektronisch vernetzt, um schnell gemeinsam zu reagieren - mit friedlichen Aktionen und Presseerklärungen zum selben Thema. Die folgende Liste soll einen Einblick in die von Greenpeace bearbeiteten Themen geben. Damit befassen sich auch Greenpeace-Büros in anderen Ländern, wenn auch mit unterschiedlichen Kapazitäten und Schwerpunkten.

Die politische Kommunikation

Das Planen einer Greenpeace-Kampagne bedeutet das Planen einer öffentlichen Konfrontation. Dieser Slogan ist ein Leitsatz der Greenpeace-Strategie. Er beinhaltet jene unverkennbare Verbindung von Öffentlichkeit und Konfrontation, in der das Erfolgsrezept von Greenpeace besteht: Greenpeace bringt ein Thema in die Öffentlichkeit mit dem Ziel, Umweltsünder zur Stellungnahme und schließlich zur Verhaltensänderung zu bewegen und darüber hinaus einen grundlegenden Wandel in Richtung auf ökologisch verantwortliches Wirtschaften zu fördern.

Die spektakulären Aktionen sorgen für den öffentlichen Druck. Greenpeace bringt die Umweltanliegen via "Konfrontation", das heißt vorwiegend in Form von gewaltfreien Aktionen, auf die Tagesordnung - in dem Wissen, dass gute Argumente allein relativ wirkungslos gegen Machthaber sind und dass Informationen an Wahrnehmungsschranken abprallen. Diese Form der öffentlichen Konfrontation ist das Mittel, den Medien Berichterstattungsanlässe anzubieten und ein Anliegen so im öffentlichen Raum zu platzieren, dass gesellschaftliche Diskussionen entstehen können.

Greenpeace-Aktionen sind eine Form von zivilem Ungehorsam. Die Aktionen sind deshalb seit 1971 das Herzstück der Greenpeace-Strategie. Daran wird sich nichts ändern. Das Schlauchboot hat also noch lange nicht ausgedient.

Die Kommunikation von Greenpeace-Kampagnen ist keine Werbung oder PR im klassischen Sinne. Greenpeace ist eine politische "Pressure Group" und eben keine Werbeagentur, die im Auftrag von Firmen Produkte vermarktet. Greenpeace-Kampagnen befassen sich häufig mit langwierigen Umweltproblemen, deren Lösung mühevoll und auf jahrelange Arbeit angelegt ist.

Greenpeace verbreitet Nachrichten über Aktionen indirekt über Zeitungen, Radioberichte und TV-Sender oder direkt über Greenpeace-Medien wie unsere Homepage oder die "Greenpeace Nachrichten". "Öffentlichkeit herstellen" ist ein unverzichtbares Mittel zum umweltpolitischen Erfolg. Es ist eine Methode, Argumente so zu vertreten, dass sie nicht mehr ignoriert werden können, und Informationen so zu präsentieren, dass sie wahrgenommen werden.

Zugleich hat der Begriff "Öffentlichkeit herstellen" für Greenpeace auch eine grundsätzliche Bedeutung. "Bearing witness" (Zeugnis ablegen) war ein starker Antrieb, als Greenpeace 1971 in Vancouver, Kanada, gegründet wurde und gegen US-Atomtests nahe der Arktis protestierte. Die Greenpeace-Kommunikation ist eine Verlängerung des "Bearing witness" mit den Mitteln moderner Medientechnik. Die Anwendung der Technik zielt darauf ab, den Kreis derjenigen immens zu erweitern, die an einer Konfrontation Anteil nehmen können. Die Greenpeace-Kamera zeigt, was Piratenfischer, Walfänger und Umweltverschmutzer auf hoher See heimlich tun.

Eine wichtige Grundlage erfolgreicher Kommunikation ist die Glaubwürdigkeit. Greenpeace fälscht, verschleiert oder beschönigt nichts. Jede Information ist sorgfältig recherchiert und gegenrecherchiert. Wenn ein Fehler geschieht, wie bei der Abschätzung der Ölmenge auf der Shell-Plattform "Brent Spar" 1995, geben wir diesen Fehler zu und ziehen Lehren daraus. Seitdem wurden die Recherchen verstärkt, es sind mehr Doppelkontrollen beim Informationsfluss und in der alltäglichen Arbeit vorgesehen als früher.

Bevor Greenpeace entscheidet, sich eines Umweltthemas anzunehmen, werden umfangreiche Recherchen durchgeführt. Wir beleuchten das Problem von allen Seiten, tragen - oft über Jahre - das nötige Fachwissen zusammen und finden Lösungen. Solche Hintergrundinformationen werden im Laufe einer Kampagne auch Journalisten angeboten. Es ist allerdings in den letzten Jahren nicht leichter geworden, über Umweltprobleme zu informieren. Die Medienlandschaft hat sich stark verändert. Die Informationsmenge nimmt zu, die Informationstiefe aber ab. Hinzu kommt eine Atomisierung der Medienlandschaft.

Die Folgen: Fundierte Umweltsendungen, Umweltseiten und Umweltredakteure sind zum Teil in den Hintergrund getreten. Die wirtschaftlichen Probleme sind in der politischen Aktualität nach vorn gerückt, und die Unterhaltung nimmt in den Medien - vor allem im Fernsehen - einen immer breiteren Raum ein.

"Infotainment" ist in, und Greenpeace bekommt regelmäßig Angebote, unsere "Helden" in den Schlauchbooten stärker in den Vordergrund zu stellen. Die Greenpeace-Kommunikation stellt dagegen lieber die Organisation, ihre Aktionsteams und Experten sowie die umweltpolitischen Inhalte in den Vordergrund. Wir wollen keine Medienstars produzieren.

Rot-Grün an der Regierung in Berlin "konkurriert" mit Umweltverbänden um Spalten in den Zeitungen sowie Sendezeit in den TV- und Radio-Nachrichten. Hinzu kommt, dass ein negatives Image von Rot-Grün allen Umweltverbänden schadet. Greenpeace steht parteilich für den Umweltschutz - aber unabhängig von Parteien, gleich wie sie heißen. Die Notwendigkeit, durch öffentlichen Druck auf eine Politik im Interesse des Umwelt- und Gesundheitsschutzes zu drängen, ist auch mit der rot-grünen Regierung nicht geringer geworden.

Umweltpolitiker aller Parteien im deutschen Bundestag werden uns zumindest in einem zustimmen: Ohne eine starke Lobby außerhalb der Parlamente, ohne Greenpeace und andere Umweltverbände sowie aufgeklärte Verbraucher wird der Umweltschutz schnell pragmatischer Politik zum Opfer fallen, gleich welche Farben die Regierung in Berlin hat.

Die Konsequenz aus dem Grundsatz der Überparteilichkeit ist, dass Greenpeace bei der rot-grünen Bundesregierung - wie bei anderen Koalitionen vorher - zuerst interessiert, welche Ziele sie sich für die Erhaltung und den Schutz der Umwelt setzt. Deshalb misst Greenpeace die Parteien nur an ihren umweltpolitischen Taten - egal ob Rot, Grün oder Schwarz.

Die Erfolgs-Kriterien der Greenpeace-Kommunikation

1. Greenpeace deckt einen Skandal auf und die Medien
    berichten darüber.

2. Eine öffentliche Debatte ist ausgelöst.

3. Gesellschaftliche Gruppen unterstützen Greenpeace öffentlich.

4. Der Gegner gerät unter Druck und gibt nach.

5. Die Menschen nehmen Greenpeace als eine durchsetzungs-
    fähige, internationale Umweltschutzorganisation wahr.

Kommunikation in der Praxis

Zur Medien- und Öffentlichkeitsarbeit von Greenpeace Deutschland gehören eine Pressestelle mit mehreren Pressesprechern, eine TV-Redaktion, eine Foto-Redaktion, Redaktion und Produktion von Print-Publikationen, Ausstellungskoordination, Recherche-Abteilung und Internet-Redaktion.

Andere Formen der Kommunikation sind die Spendenwerbung in "Aktionsbriefen" und die Information der über 530.000 Fördermitglieder über die "Greenpeace Nachrichten", die viermal im Jahr verschickt werden und den Charakter einer Zeitung haben.

Die Pressestelle entwickelt mit den Themenbereichen und der Aktionsabteilung die Kommunikationsstrategien von Kampagnen. Dabei müssen komplizierte Themen wie z.B. Gentechnik und Atomenergie emotional und vereinfacht in die breite Öffentlichkeit transportiert werden. Botschaft und Statements sind immer wissenschaftlich untermauert. Denn Greenpeace kann nur eins verlieren: die Glaubwürdigkeit.

Das Handwerkszeug der Greenpeace-Pressesprecher umfasst das klassische Spektrum: z.B. Informationen sammeln, Kommunikations-Strategie entwickeln, Kontakt zu Journalisten halten, Texte schreiben, Bildmaterial vermitteln, Pressekonferenzen organisieren.

Die Pressesprecher sind immer auf der Suche nach Nachrichten mit Neuigkeitswert. Presseerklärungen zu Aktionen mit hohem Nachrichtenwert haben gute Chancen, in den Medien verbreitet zu werden. Das bedeutet in der Praxis eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Pressesprechern und den Greenpeace-Fachleuten aus den Themenbereichen Energie, Gentechnik/Chemie, Wälder und Meere.

Vor wichtigen Konferenzen wie etwa Meeresschutzkonferenzen, Artenschutzabkommen oder Klimagipfeln stellen wir Pressemappen mit Hintergrundinformationen und Bildmaterial zusammen. Wir stellen Kontakt zwischen Journalisten und Greenpeace-Fachleuten bei den Konferenzen her. Außerdem helfen wir Journalisten, die sich mit eigenen Themen und Fragen an uns wenden, mit Fachleuten und Informationen.

Über die aktuelle Pressearbeit hinaus werden bei Greenpeace zahlreiche Printmedien erstellt: Kampagnenbroschüren, Hintergrundinformationen, Plakate und Aufkleber, Kalender und Ausstellungen, Jahresrückblicke, Sachbücher und Informationsmaterial für Schulen. Das meiste ist auch online über das Internet oder auf CD-Rom zu erhalten.

Mit Ausstellungen wird vor allem die Arbeit der Greenpeace-Gruppen in über 80 Städten der Bundesrepublik unterstützt. Sie können diese Ausstellungen zu den verschiedenen Themen wie etwa Walfang, Ölverschmutzung oder Fischerei anfordern und damit ihre Vorträge oder Info-Stände ergänzen. Zu manchen Themen werden auch rollende Info-Container zusammengestellt, die dann durch ganz Deutschland unterwegs sind - so etwa zum Thema Gentechnik oder Urwald.

Beispiele für Öffentlichkeitsarbeit:
Verantwortliche beim Namen nennen

"Alle reden vom Klima. Wir ruinieren es." Mit dieser Plakatkampagne 1990 gegen Hoechst und Kali Chemie, das heißt die Hauptverantwortlichen Wolfgang Hilger und Cyril van Lierde, hat Greenpeace neun Jahre später einen juristischen Sieg errungen. Wir bekamen eindeutig das Recht zugesprochen, Konzernbosse für die Sünden ihrer Firmen verantwortlich zu machen - zumindest moralisch.

Juristisch gestärkt hat Greenpeace im September 1999 auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt ein neues Großplakat präsentiert. Darauf waren VW-Vorstand Piech und DaimlerChrysler-Chef Schrempp zu sehen, nur bekleidet mit den Feigenblättern "Lupo" und "Smart". Auf dem Plakat stand: "Wir wollen mehr sehen, Herr Piech und Herr Schremp! Vorzeige-Autos helfen unserem Klima nicht." Greenpeace prangerte an, dass die Autokonzerne nach wie vor nicht erklären, wie sie den Verbrauch ihrer Fahrzeugflotten und damit den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2) senken wollen.

Ähnlich ging Greenpeace auch gegen Ingo Kober, den früheren Präsidenten des Europäischen Patentamtes in München vor, dessen Behörde mit Patenten auf Leben nicht nur moralische Tabus brach, sondern auch nationales und europäisches Recht. Greenpeace wird auch in Zukunft Entscheidungsträger für Umweltschäden verantwortlich machen, um eine öffentliche Debatte zu provozieren und die Verantwortlichen unter Druck zu setzen.

Die Greenpeace-Bilder:
Das wichtigste Kommunikationsmedium
von Greenpeace sind emotionale Bilder

Bilder, die Aufmerksamkeit erregen und Wut erzeugen, sind die zentrale Voraussetzung für TV- und Foto-Berichte. Greenpeace setzt deshalb die modernsten Kommunikationsmittel ein, um schnell Film- und Fotomaterial von Greenpeace-Aktionen weltweit zu verbreiten. Bilder sagen mehr als tausend Worte und können ein Thema oft besser darstellen als nüchterne Texte.

Eine besondere Herausforderung für unsere Foto- und TV-Redaktion ist es, auch solche Umweltthemen zu visualisieren, die wenig fotogen bzw. telegen sind. Zum Beispiel Gentechnik: Um die Ablehnung der Gentechnik in Lebensmitteln zu illustrieren, verkleideten sich 1996 Greenpeace-Aktivisten mit Kaninchenmasken und protestierten als "Versuchskaninchen" gegen die schleichende Einführung von gentechnisch manipulierter Soja. Dieses Foto wird heute noch in den Medien als Symbolfoto in der Hintergrundberichterstattung zum Thema Gen-Nahrung abgedruckt.

Zum Thema Patente auf Leben haben wir Ende 1999 ein Foto geschaffen, das seitdem diese komplexe Problematik emotional visualisiert. Menschen mit Schafsmasken und der Botschaft "Wir sind keine Dollys" - eine Anspielung auf das Klon-Schaf Dolly - protestierten vor dem Gebäude des Europäischen Patentamtes.

Greenpeace verfügt über ein umfangreiches Foto- und Videoarchiv, das neben der Dokumentation von Greenpeace-Aktionen auch Bildmaterial zu verschiedenen Umweltthemen anbietet - mit Schwerpunkt auf den Themen, bei denen Greenpeace aktiv ist. Bei Pressekonferenzen oder Aktionen sorgen wir dafür, dass die visuellen Medien ausreichend Bildmaterial bekommen können. Darüber hinaus produzieren wir eigene Filme oder Kino-Spots.

Im Internet bietet Greenpeace seit 1996 aktuelle Informationen und Archivtexte an. Diese Form der elektronischen Kommunikation wird immer häufiger genutzt, auch zur Recherche im umfangreichen Archiv oder für ein "Presseerklärungsabonnement" per E-Mail. Jeden Tag schauen sich Tausende die Greenpeace-Seiten im Internet an unter www.greenpeace.de. Außerdem können über das Internet Fotos, Filmmaterial und Ausstellungen bestellt oder ausgeliehen werden.

Kommunikation mit den Förderern

Greenpeace versorgt die Förderer der Organisation mit zahlreichen Informationsangeboten. Dazu gehören die bereits erwähnten "Greenpeace Nachrichten" sowie Informations- und Spendenbriefe, sogenannte Mailings. Oft sind den Mailings Protestpostkarten oder Unterschriftenlisten beigefügt, um Greenpeace-Kampagnen zu unterstützen.

Die über 530.000 Fördermitglieder von Greenpeace in Deutschland und andere Interessierte können darüber hinaus Informationsbroschüren zu allen Themen erhalten, bei denen Greenpeace aktiv ist. In der Brief- und Telefonzentrale sind Mitarbeiter damit betraut, alle Anfragen sachgerecht zu beantworten oder weiterzuleiten.

Als eigenständige Zeitschrift in der Greenpeace Media GmbH erscheint das "Greenpeace Magazin" sechsmal im Jahr. Es wird im Abonnement und am Kiosk verkauft und beschäftigt sich mit umweltpolitischen Themen auch über den Greenpeace-Aktionsradius hinaus. Die meisten Abonnenten sind Förderer.

Die Greenpeace-Kommunikation steht nicht im Widerspruch zum Versuch, viele Menschen zu Spenden zu bewegen, um die internationale Kampagnenarbeit finanzieren zu können.

Kommunikation mit der Zukunft

Es ist vor allem der Nachwuchs, dessen Elan Greenpeace Mut macht, hartnäckig für den Umweltschutz zu streiten. Kinder und Jugendliche haben die Nase voll von Umweltsauereien und wollen selber was dagegen tun.

Die Kinder- und Jugendarbeit begann 1990 mit der Gründung der "Greenteams", der Kindergruppen von Greenpeace. 1997 starteten die Jugendprojekte für Teens zwischen 15 und 18 Jahren. Die Jugendlichen engagierten sich multimedial gegen Genfood, im Internet auf eigener Homepage, auf Hip-Hop-Konzerten, bei Foto-Shootings oder in Jugendmedien.

Die Jüngeren, etwa 10.000 Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, beteiligen sich ebenfalls an Kampagnen. Sie haben sich etwa für ein schärferes Ozongesetz mit der Aktion "BISS" eingesetzt, mit einer Kinderbanner-Tour gegen den Kahlschlag im kanadischen Regenwald, für den Schutz der Wale bei "Kids for Whales" und für den Schutz der letzten Urwälder bei "Kids for Forests". Für sie gibt es Infomaterial, Handzettel mit Aktionsideen, eigene Kinder-Nachrichten und Kooperationen mit dem Kinderfernsehen, etwa dem Tigerenten-Club, wo sie mit Umweltminister Jürgen Trittin über den Walfang stritten.

Kinder unterschreiben weltweit mit ihrem Handabdruck für den Schutz der Wale und denken sich pfiffige "Wal-Sprüche" aus. Die Kinder werden - wie Greenpeace insgesamt - nicht lockerlassen, bis alle Ziele erreicht sind.

Autor

Fouad Hamdan
Greenpeace e.V.
Große Elbstrasse 39
D-22767 Hamburg
Telefon: +49 (0)40 30 618 - 346
Telefax: +49 (0)40 30 618 - 160
Internet: www.greenpeace.de
E-Mail: fouad.hamdan@greenpeace.de

Erstveröffentlichung im Krisennavigator (ISSN 1619-2389):
7. Jahrgang (2004), Ausgabe 10 (Oktober)

Deutsch   /  English 

Letzte Aktualisierung: Mittwoch, 24. April 2024

       

© Krisennavigator, Kiel / Hamburg. Alle Rechte vorbehalten.

Vervielfältigung und Verbreitung - auch auszugsweise - nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des Krisennavigator - Institut für Krisenforschung, Kiel.

Internet: www.krisennavigator.de
E-Mail: poststelle@ifk-kiel.de